Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld 

Sollte die sich abzeichnende, durch das Corona-Virus hervorgerufene, konjunkturelle Schwächephase massivere Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft und damit auch auf das deutsche Kfz-Gewerbe haben, stellt sich vielen Unternehmen die Frage, ob wie in der Finanzkrise 2008 die Einführung von Kurzarbeit zur Abfederung der wirtschaftlichen Probleme beitragen kann. Nachfolgend werden die aktuellen Voraussetzungen erläutert, die bei einem Unternehmen für die Einführung von Kurzarbeit vorliegen müssen. Dabei sind die aktuellen Änderungen zum Kurzarbeitergeld bereits enthalten 

1. Grundsätzliche arbeitsrechtliche Voraussetzungen für die Einführung von Kurzarbeit 

Ein Arbeitgeber kann Kurzarbeit nur einführen, wenn er die folgenden rechtlichen Grundlagen beachtet. Insoweit muss sich sein Recht zur Einführung der Kurzarbeit aus einer der folgenden Rechtsgrundlage ergeben (Achtung: Mitbestimmungsrecht beachten, §87 Abs. 1, S. 3 BetrVG): 

  • einem jeweils einschlägigen Tarifvertrag
  • sofern keine tarifvertragliche Regelung vorliegt, aus einer Betriebsvereinbarung, die gem. § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG unmittelbar gilt
  • einer einzelvertraglichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei Abschluss des Arbeitsvertrages oder aus konkretem Anlass, notfalls einer Änderungskündigung
  • eine aufgrund tatsächlichen Verhaltens zustande gekommene konkludente Vereinbarung (z.B. dadurch, dass der Arbeitnehmer auf eine Arbeitgeberweisung hin tatsächlich Kurzarbeit leistet).

2. Tatsächliche betriebliche Voraussetzungen 

Damit Kurzarbeitergeld gewährt wird müssen im Betrieb folgende Bedingungen erfüllt sein: 

2.1 Es muss ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall i.S.d. § 96 Abs. 1 SGB III vorliegen 

Der Arbeitsausfall muss verursacht worden sein entweder durch: 

  • wirtschaftliche Gründe (insb. alle Störungen im Wirtschaftskreislauf wie Konjunkturschwankungen, Auftragsmangel, Absatzschwierigkeiten aber auch Änderungen der Betriebsstruktur, soweit sie durch die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung bedingt sind) 
    oder
  • ein objektiv unabwendbares Ereignis, das durch die äußerste im Einzelfall gebotene Sorgfalt nicht abwendbar ist (z. B. außergewöhnliche Witterungsbedingungen, bauliche Maßnahmen, die den Zugang zum Betrieb einschränken und zu einem Absatzrückgang führen)

2.2 Der Arbeitsausfall muss vorübergehend sein 

Vorübergehend ist ein Arbeitsausfall, wenn der Betrieb mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in absehbarer Zeit wieder zur Vollarbeit übergehen kann. 

2.3 Der Arbeitsausfall muss unvermeidbar sein 

Unvermeidbar ist ein Arbeitsausfall, wenn der Betrieb alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen hat, um den Arbeitsausfall zu verhindern (Branchen- oder betriebsübliche sowie saisonbedingte Gründe scheiden aus). Bisher waren zulässige Arbeitszeitschwankungen grundsätzlich auszunutzen. Nunmehr wird teilweise oder vollständig darauf verzichtet negative Arbeitszeitsalden aufzubauen. 

2.4 Bei 10 % der betroffenen Arbeitnehmer muss der Entgeltausfall mindestens 10 % betragen 

Der Arbeitsausfall muss im beantragten Anspruchszeitraum mindestens bei 10 % der beschäftigten Arbeitnehmer zu einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 % ihres monatlichen Bruttoentgelts führen (bis zum 13.03.2020 war jedoch noch ein Quorum von 33 % vorgesehen). 

2.5 Betrieb(steil) mit mindestens einem Arbeitnehmer 

Bei dem Antragsteller der Kurzarbeit muss es sich um einen Betrieb oder einen Betriebsteil handeln, in dem mindestens ein Arbeitnehmer beschäftigt ist (§ 97 SGB III). 

3. Persönliche Voraussetzungen beim Arbeitnehmer 

Ja, der Arbeitnehmer erhält nur Kurzarbeitergeld, wenn er auch die folgenden persönlichen Voraussetzungen gem. § 98 SGB III erfüllt: 

3.1 Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach Beginn des Arbeitsausfall 

Nach Beginn des Arbeitsausfalls: 

  • Setzt der Arbeitnehmer eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung (keine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 SGB IV) fort.
  • Nimmt der Arbeitnehmer aus zwingenden Gründen eine Beschäftigung auf. 
    oder
  • Nimmt der Arbeitnehmer im Anschluss an die Beendigung eines Berufsausbildungsverhältnisses eine Beschäftigung auf.

3.2 Kein gekündigtes Arbeitsverhältnis beim einzelnen Arbeitnehmer 

Die Arbeitsverhältnisse der betroffenen beschäftigten Arbeitnehmer dürfen außerdem im Zeitpunkt des Beginns der Kurzarbeit weder gekündigt noch aufgelöst sein. 

3.3 Kein persönlicher Ausschluss vom Kurzarbeitergeld 

Schließlich darf der jeweils vom Antrag auf Kurzarbeitergeld umfasste Arbeitnehmer nicht persönlich vom Kurzarbeitergeld ausgeschlossen sein. 

4. Verfahrensvoraussetzungen 

Als Voraussetzung für den Anspruch auf Kurzarbeitergeld ist ein zweistufiges Verfahren einzuhalten: 

4.1 Schriftliche Anzeige bei der zuständigen Agentur für Arbeit (§ 99 SGB III) 

Zuerst muss der Arbeitgeber den Arbeitsausfall bei der zuständigen Agentur für Arbeit für jede betroffene Betriebsabteilung gesondert schriftlich anzeigen (Empfehlung: Formular der Arbeitsagentur: https://www.arbeitsagentur.de/unternehmen/finanziell/kurzarbeitergelduebersicht-kurzarbeitergeldformen). Dabei muss er den erheblichen Arbeitsausfalls und die betrieblichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld glaubhaft machen (ggf. mit Stellungnahme des Betriebsrats). 

4.2 Schriftlicher Antrag bei der zuständigen Agentur für Arbeit 

Anschließend muss ein schriftlicher Antrag auf Kurzarbeitergeld bei der zuständigen Agentur für Arbeit gestellt werden (§§ 323 Abs. 2, 327 Abs. 3 SGB III; Achtung: Es gilt eine Ausschlussfrist von drei Monaten ab dem Ablauf des Kalendermonats, in dem die Tage der Kurzarbeit liegen). Im Antrag sind Namen, Anschriften und Sozialversicherungsnummern der betroffenen Arbeitnehmer zu nennen. Formular unter: 
https://www.arbeitsagentur.de/unternehmen/finanziell/kurzarbeitergeld-uebersichtkurzarbeitergeldformen

4.3 Nachweis der Voraussetzungen gegenüber der Agentur für Arbeit 

Der Arbeitgeber hat die Pflicht, der Agentur für Arbeit die Voraussetzungen für die Gewährung des Kurzarbeitergeldes nachzuweisen, die Höhe des Kurzarbeitergeldes auszurechnen und dieses an die Arbeitnehmer auszuzahlen. Bei fahrlässiger Verletzung seiner Pflichten macht er sich schadensersatzpflichtig. Dasselbe gilt, wenn er die oben genannte Anzeige unterlässt. 

5. Sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen beim Bezug von Kurzarbeitergeld 

Während des Bezuges von Kurzarbeitergeld besteht das versicherungspflichtige Beschäftigtenverhältnis fort. Dies gilt auch dann, wenn durch die Kurzarbeit die Arbeitszeit oder das Arbeitsentgelt vorübergehend unter die Geringfügigkeitsgrenze absinken sollten. 
Bisher musste der Arbeitgeber den Arbeitnehmerbeitrag weiterhin zahlen. Nach den aktuellen Änderungen beim Bezug des Kurzarbeitergeldes werden die Sozialversicherungsbeiträge nun vollständig durch die Bundesagentur für Arbeit erstattet.